Nichts ist gewiss und nichts ist entschieden. So lässt sich Karl Bärs Vortrag über die geplanten Freihandelsabkommen zusammenfassen.
Es ist nicht gewiss, wie Donald Trump künftig mit TTIP, dem Transatlantischen Freihandelsabkommen zwischen USA und der EU verfahren wird. Er lehnt zwar multilaterale Abkommen ab, hat aber nichts gegen bilaterale, die amerikanischen Interessen nutzen. Er will zwar aus dem transpazifischen Freihandelsabkommen TPP zwischen den USA, Australien, Brunei, Chile, Japan, Kanada, Malaysia, Mexiko, Neuseeland, Peru, Singapur und Vietnam aussteigen. Aber das sagt nichts aus über seine Haltung zu TTIP, denn TTIP ist für ihn ein bilaterales Abkommen zwischen den USA und der EU. Im Moment liegt TTIP vielleicht nur auf Eis und wartet darauf, was Trump damit macht.
Es ist nicht gewiss, wie es mit TISA weitergeht. Dieses plurilaterale Abkommen zwischen 23 Parteien einschließlich der USA und der Europäischen Union über den Handel mit Dienstleistungen ist angeblich schon fast unterschriftsreif. Sollten die USA aussteigen, könnte TISA trotzdem kommen. Deutsche Abgeordnete wissen über TISA übrigens noch weniger als über TTIP, weil hier der öffentliche Druck gefehlt hat.
Es ist nicht gewiss, wie es mit CETA weitergeht. Dieses europäisch-kanadische Wirtschafts- und Handelsabkommen, das den Abbau von Handelshemmnissen aller Art zum Ziel hat, ist fertig unterschrieben und liegt bis 14. Januar 2016 bei den Ausschüssen des EU-Parlaments. Am 2. oder 14. Februar wird das Plenum darüber abstimmen.
Anschließend sollen die 38 Parlamente der 28 EU-Mitgliedsstaaten (nicht nur Deutschland hat zwei Kammern) über CETA abstimmen. Auch der Bundesrat muss seine Zustimmung erteilen, weil CETA in die Organisations- und Verwaltungshoheit der Länder eingreift. Nach bisheriger politischer Gepflogenheit müsste die Bundesregierung das Abkommen als Zustimmungsgesetz vorlegen. Als Präzedenzfall hierfür gilt das Freihandelsabkommen mit Peru und Kolumbien (2013). Bei einem Zustimmungsgesetz müssen im Bundesrat mindestens 35 (der insgesamt 69) Stimmen Ja zu CETA sagen, damit CETA ratifiziert ist. Mit Ja stimmen kann ein Bundesland nur, wenn alle an der Regierung beteiligten Parteien diese Entscheidung mittragen. Sagt ein Partner Nein, ist dies eine Enthaltung, die wie ein Nein gezählt wird. Das Volksbegehren, das in Bayern angestrebt wird, hat zum Ziel, dass die 6 bayerischen Stimmen Nein sagen müssen.
Sollte die Bundesregierung jedoch dem Bundesrat das Abkommen wider Erwarten als Einspruchsgesetz vorlegen, könnte nur eine Bundesratsmehrheit (wieder 35 Ja-Stimmen) Einspruch dagegen erheben. Bei den Mehrheitsverhältnissen im Bundesrat würde diese Stimmenzahl nicht zustandekommen.
Wann über CETA abgestimmt wird, kann jedes EU-Mitgliedsland selbst festlegen. Damit sich dies nicht ewig hinzieht, wurde es vorläufig in Kraft gesetzt. Eilanträge gegen die vorläufige Inkraftsetzung von CETA hat das Bundesverfassungsgericht zwar zurückgewiesen, dabei aber wichtige Bedingungen formuliert:
- Der Investitionsschutz darf nicht vorläufig in Kraft treten.
- Wenn auch nur ein EU-Staat CETA ablehnt, darf das Abkommen nicht vorläufig angewandt werden.
Laut Kapitel 30.9 des Abkommens kann eine Vertragspartei das Abkommen kündigen, aber der Investitionsschutz gilt auch noch bis zu zwanzig Jahre nach der Kündigung.
In Bayern wurden 80.000 Unterschriften für ein Volksbegehren gegen CETA gesammelt und am 15.07.2016 eingereicht. Das bayerische Innenministerium hat das Volksbegehren am 23.11. abgelehnt. Damit geht es automatisch an das Bayerische Verfassungsgericht zur Überprüfung. Das Gericht muss seine Entscheidung bis zum 23.02.2017 treffen. Falls das Gericht das Volksbegehren zulässt, muss die Eintragung für das Volksbegehren 8 bis 12 Wochen nach Veröffentlichung der Entscheidung im Amtsblatt stattfinden. Da die zweiwöchige Frist für die Eintragung nicht in die Schulferien fallen darf, käme die zweite Maihälfte oder die zweite Junihälfte in Frage. In diesen zwei Wochen müssen sich 10 Prozent der Wahlberechtigten in Bayern, das sind ca. 940.000 Bürgerinnen und Bürger, in ihrem Rathaus eintragen.
Angesichts dieser doch recht hohen Zahl entstand nach dem Vortrag eine Diskussion darüber, wie Menschen motiviert werden können, sich einzutragen. Das Umweltinstitut in München als Koordinationsstelle möchte möglichst in jeder Gemeinde (im Landkreis Weilheim-Schongau gibt es 34 Gemeinden) mindestens einen Ansprechpartner finden, der die Stimmberechtigten informiert bzw. ein Gespräch mit ihnen sucht. Er oder sie soll aber auch kontrollieren, ob die Gemeinde die Vorschriften über die Öffnungszeiten einhält. Wer Ansprechpartner werden möchte, kann sich bei Manfred Unger (unger-manfred@web.de) melden.
Zusätzlich wird das Umweltinstitut München auf seiner Internetseite einen Service anbieten, wo jedermann nachschauen kann, in welchem Wahllokal er sich für das Volksbegehren eintragen kann.
Christian Weber, Bund Naturschutz