Zugegeben – die Veranstaltung, zu der die Ortsgruppe Halblech des BUND Naturschutz in Bayern e.V. eingeladen hatte, trug einen populistisch anmutenden Titel. Doch den hatte der Referent Ulrich Wotschikowsky, Forstwissenschaftler und Wildbiologe, ganz bewusst gewählt und er versprach, die Argumente für und gegen die Nationalparkidee Ammergebirge kritisch zu durchleuchten.
Er begann mit dem ersten, im Jahre 1970 gegründeten, deutschen Nationalpark im Bayerischen Wald, der aus der Not heraus eingerichtet worden war, um eine Totalerschließung des noch sehr ursprünglichen Waldgebietes für den Wintertourismus zu verhindern. War man anfänglich noch bestrebt, den Besuchern heimische Tiere in großen Wildgattern zu präsentieren, so änderte sich die Zielsetzung Schritt für Schritt: hin zu einem umfassenden Schutzkonzept mit dem Ziel, der Natur so viel wie möglich Freiraum zu gewähren – einfach Natur Natur sein zu lassen, um unseren Kindern und Enkeln einen kleinen Rest unberührter Natur zu hinterlassen. Die Bevölkerung war anfangs sehr skeptisch, ja sogar offen ablehnend.
Inzwischen hat der Nationalpark ein Vielfaches jener Arbeitsplätze neu geschaffen, die durch den Verzicht auf die Holznutzung aufgegeben worden sind, und er sorgt durch einen gelenkten Tourismus für einen Zustrom von etwa 24 Mio. Euro in die Region – jährlich.
Auch andere Bundesländer sind auf diesen Zug aufgesprungen. Jedes Land hat inzwischen „seinen“ Nationalpark, leider nicht immer in Landschaften, die sich gut für eine solche Schutzkategorie eignen. Aber Nationalparks sind längst als Schutzgebiete erkannt und akzeptiert, wo zwar der Naturschutz Vorrang hat, aber der Mensch „unterm Strich“ ebenfalls profitiert. Denn ausgeschlossen, wie viele Gegner befürchtet hatten, ist der Mensch schon gar nicht. Die beiden Nationalparks in Bayern – Bayrischer Wald und Berchtesgaden – sind nicht nur die ältesten, sondern auch besonders gut gelungene Beispiele dafür. Sie sind eine absolute Bereicherung in ihrer Region und dienen dem Naturschutz und dem Erhalt der Artenvielfalt und somit auch den Menschen. Da stellt sich doch die Frage fast von selbst: Kann da ein „Nationalpark Ammergebirge“ mithalten und ist er überhaupt noch notwendig?
Die eindeutige Antwort ist: Ja. Allein schon aufgrund der angedachten Fläche (ausschließlich Staatswald) und Größe. Und weil keine öffentlichen Straßen und größere Tourismuszentren stören. Das Gebiet ist auf Grund seiner großartigen Naturausstattung und seiner langen Geschichte als großes Naturschutzgebiet eindeutig nationalparkwürdig. Die einmalig wertvollen alten Bergmischwälder haben es verdient, unter den höchsten und wirksamsten Schutz gestellt zu werden.
Ulrich Wotschikowsky hob hervor, dass die Bayerischen Staatsforsten in den letzten Jahren dem Naturschutz bei ihrer wirtschaftsbetonten Tätigkeit viel Raum gelassen haben. Deshalb lässt sich die Frage „Nationalpark – ja oder nein?“ ziemlich einfach beantworten: Wenn ein Nationalpark für die regionale Bevölkerung Vorteile bringt – dann Ja! Das Fazit des Vortrages war deshalb klar: Ein Nationalpark Ammergebirge ist keine Schnapsidee!
In der sich anschließenden Diskussion wurde das Problem Borkenkäfer-Befall im angedachten Nationalpark und dessen Auswirkungen auf die sich anschließenden Privatwaldflächen diskutiert und als lösbares Problem bewertet. Als positive „Begleiterscheinung“ wurden die vielfältigen und belebenden Impulse, die der Tourismus durch einen Nationalpark in den benachbarten Regionen mit Sicherheit erleben wird, ausführlich dargestellt. Fazit: Auch für den Tourismus ist der Nationalpark Ammergebirge keine Schnapsidee, sondern vielmehr eine Bereicherung und eine Chance.
Hans Hack (Ortsgruppe Halblech des BUND Naturschutz in Bayern e.V.)