Mehr als hundert Besucher erreichte Alfred Gößmann mit seinem Vortrag „Unterwegs im Ammergebirge“ am 10. Oktober im Schongauer Sparkassenforum, zu dem die UIP, der Bund Naturschutz und der Förderverein Nationalpark Ammergebirge eingeladen hatten.
Aus aktuellem Anlass fügte Alfred Gößmann einen Untertitel ein: „Soll es einen Nationalpark Ammergebirge geben?“ Dabei spielte er auf den Vorschlag Horst Seehofers an, in Bayern einen dritten Nationalpark zu errichten.
Alfred Gößmanns Fotos aus den 90er-Jahren und von 2012 sprachen dafür: Welch botanische Vielfalt findet sich auf den verschiedenen geologischen Untergründen! Die Fotos zeigten Pflanzen, die wahrscheinlich nicht viele Zuschauer je gesehen hatten: Ungarischen Enzian zum Beispiel oder Oeder’s Läusekraut, das ebenso wie das Zwerg-Alpenglöckchen in Bayern nur im Ammergebirge vorkommt.
Eines wurde klar: Diese zum Teil sehr gefährdeten Pflanzen verdienen optimalen Schutz.
Aber nicht nur Fotos von seltenen Blumen erfreuten die Besucher, sondern auch Landschaftsaufnahmen, die Lust machten auf eine Wanderung rund um den Tegelberg oder die Kenzenhütte, im Elmaugries oder zur Friederspitz.
Der Referent machte deutlich, dass das Ammergebirge alle im Bundesnaturschutzgesetz (§ 24 Abs. 1) festgelegten Voraussetzungen für einen Nationalpark erfüllt: Das vom Förderverein Nationalpark Ammergebirge vorgeschlagene Gebiet zwischen Füssen und Zugspitze, das bereits jetzt Naturschutzgebiet ist, umfasst 230 Quadratkilometer (das Bayerische Naturschutzgesetz schreibt für einen Nationalpark als Minimum 100 Quadratkilometer vor). Nur die Straße durch das Graswangtal zerschneidet das Gebiet. Besonders schützenswert ist das Ammergebirge nicht nur wegen seiner Artenvielfalt, sondern vor allem wegen dem Bergmischwald, genauer: dem größten geschlossenen Bergmischwald-Vorkommen Deutschlands, das dort zu finden ist.
Notwendig wird die Ausweisung von mindestens einem zusätzlichen Nationalpark in Bayern wegen der nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt, die Deutschland 2007 verabschiedet hat, um das UN-Übereinkommen zur biologischen Vielfalt umzusetzen. Diese „Biodiversitätsstrategie“ schreibt vor: „2020 beträgt der Flächenanteil der Wälder mit natürlicher Waldentwicklung 5 % der Waldfläche.“ Da ungefähr eine Hälfte der Wälder in Privatbesitz sind, über die nicht so leicht verfügt werden kann, sollen stattdessen 10 % aller Staatswälder in Deutschland an die Natur zurückgegeben und Wildnis werden. Dieses Ziel ist auch mit einem dritten Nationalpark in Bayern noch lange nicht erreicht.
Zum Schluss erklärte Gößmann den Unterschied zwischen einem Naturpark, der keine Schutzkategorie, sondern ein Wirtschaftsförderungsinstrument darstellt, einem Naturschutzgebiet, wo land- und forstwirtschaftliche Nutzung weiterhin möglich ist, und einem Nationalpark, der auf mindestens der Hälfte seiner Fläche vom Menschen völlig in Ruhe gelassen werden soll, wobei Wildtiermanagement dennoch notwendig sein wird.
Soll das Ammergebirge Nationalpark werden? Ähnlich wie bei einer Wanderung im Ammergebirge fällt die Antwort nach Gößmanns Vortrag eindeutig aus: Ja zum Nationalpark Ammergebirge.