Ihr Antwortschreiben vom 19.12.2019 zum Thema Reaktivierung der Fuchstalbahn
Vielen Dank für Ihre bzw. Ihres Vorgängers Staatsminister Dr. Reichhart wiederholten Ausführungen zu unserer Postkarten-Aktion sowie unserer Stellungnahme vom 04.12.2019.
Hierzu stellen wir fest:
- Die Grundvoraussetzung zur Reaktivierung der Fuchstalbahn haben die Gremien der Kreistage Weilheim-Schongau und Landsberg als Aufgabenträger des ÖPNV im vergangenen Jahr geschaffen. Die Beschlüsse sollten Ihnen vorliegen.
In einem Zwischenschritt wird derzeit auf Bitten der Bürgermeister der von einer Reaktivierung betroffenen Anrainergemeinden durch einen Verkehrsingenieur an einem Eckpunktepapier gearbeitet, das diesen im Frühjahr 2020 vorgelegt wird.
- Die Wiedereinsetzung der Fuchstalbahn für den Personenverkehr ist auch deswegen vorzüglich geeignet, da der Gleiskörper für den überwiegenden Teil der Strecke zwischen 2010 und 2014 erneuert wurde.
- Insbesondere das erste Reaktivierungskriterium können wir in ihrer derzeitigen starren Form nicht nachvollziehen. Wir fordern dessen Flexibilisierung entsprechend der jeweiligen regionalen Situation. Das betrifft die Berücksichtigung von Wirkungen auf benachbarte Schienennetze auf das zu untersuchende Fahrgastpotential, die Netzbedeutung der zu reaktivierende Strecke, als auch die Berücksichtigung von Parametern, die für die jeweilige Region typisch sind (z.B. Freizeit, Veranstaltungs- und Tourismusverkehre, Berücksichtigung unterschiedlicher Siedlungsstrukturen).
- Der Altlandkreis Schongau sowie die von einer Reaktivierung betroffenen Teile des Landkreises Landsberg liegen im Einflussgebiet der Metropolregion Augsburg und München. Ein seit Jahren kontinuierliches Bevölkerungswachstum ist in unserer Region zu verzeichnen. Ein Schienenverkehr bietet Ansätze für eine weitere Siedlungsentwicklung der Region und trägt zu einer Entlastung der Metropolen vom auf sie einwirkenden Siedlungsdruck bei. Auch für Industrie und Gewerbe bedeutet ein moderner SPNV einen für sie positiven Standortfaktor.
- Zudem führt eine Reaktivierung zu einer Entlastung der B 17, die parallel zur Fuchstalbahn läuft.
- Durch Ihre Wirtschaftlichkeitsberechnung ist kein Beweis für einen nicht rentablen Schienenverkehr erbracht, da Ihrerseits ein Vergleich der Bau-, Investitions- und Unterhaltskosten zur B17 fehlt. Wir betrachten die Verkehrsträger Bus und Bahn in ihrer Ergänzungsfunktion im Zuge einer integrierten Gesamtplanung zueinander und nicht als wirtschaftlich miteinander konkurrierende Verkehrssysteme. Sehr wohl ist aus unserer Sicht der von der Staatsregierung präferierte motorisierte Individualverkehr (MIV) mit dem dazugehörigen Straßennetz das eigentliche Gegenstück für eine wirtschaftliche Betrachtung zur Bahn. Laut einer schriftlichen Auskunft des staatl. Bauamts Weilheim hat allein der dreistreifige Ausbau der B17 zwischen Hohenfurch und Unterdießen rund 18 Mio. € gekostet. Eine Auflistung der Unterhaltskosten zwischen Peiting und Landsberg/Lech war dem staatl. Bauamt nicht möglich.
- Allerdings begrüßen wir wir das 4. Reaktivierungskriterium, das zur Bedingung macht, dass mit einer Reaktivierung ein hierauf abgestimmtes Buskonzept zu entwickeln und realisieren ist. Wir betrachten eine reaktivierte Fuchstalbahn als unverzichtbaren Teil eines integrierten Schiene-Bus-Konzepts. Busse sind in ihrer Funktion Zubringer zu den Haltepunkten der Bahn und erschließen in der Fläche auch entfernter liegende Siedlungen.
Im Vergleich zum Schienenverkehr werden straßen-gebundene Busverkehre auf den Hauptverkehrsachsen von potentiellen Fahrgästen nicht als Alternative zum PKW empfunden. Ihnen fehlt die Nachhaltigkeit eines SPNV. Auch hinsichtlich von Zuverlässigkeit und Sicherheit, behinderten-gerechtes Fahren, Mehrzweckabteile für Fahrrad, Kinderwagen und Rollstuhlmitnahme sowie Fahrkomfort schlechthin ist der Betrieb mit modernen Schienenfahrzeugen im Vergleich zum Bus unschlagbar.
- Eine pauschale Bewertung von Buslinienverkehren im Vergleich zum SPNV in Hinsicht auf die Umweltimmissionen unterhalb eines Fahrgastpotenzials von 1000 Pkm pro Schienenkilometer halten wir für sehr verkürzt. Im Umweltvergleich gehen Sie in Ihrer Betrachtung von Bus/Bahn von einem jeweiligen Dieselbetrieb aus. Ungeachtet neuer Baureihen mit Dieselantrieb führen Sie Ihrerseits bereits die Möglichkeit alternativer Antriebe und entsprechende Pilotprojekte in Bayern an. Diese Vorhaben begrüßen wir. Denkbar wäre, auch die Fuchstalbahn in entsprechende Testreihen mit alternativen Antrieben einzubeziehen. So hat die Gemeinde Fuchstal sich der Wasserstoffregion Ostallgäu angeschlossen. Wasser-stoffzüge mit dem aus Windkraft gewonnenen H2 könnten dort klimaneutral betrieben werden.
- In Ihren Ausführungen fehlen letztlich konkrete Gegenargumente zu unseren sieben Argumenten der Postkartenaktion:
Die Reaktivierung…
- verbessert die Mobilität zwischen Peiting/Schongau, dem Fuchstal nach Landsberg und Augsburg,
- bringt mehr Güter auf die Schiene,
- entlastet die vielbefahrene B17,
- mindert in Landsberg und Kaufering die Parkraumnot,
- bringt neue Chancen für den Tourismus,
- leistet einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz,
- verbessert die Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen in der Region.
Generell stellen wir fest:
Wenn kein Angebot des Betreibers beim ÖPNV auf der Schiene vorhanden ist, dann fehlt logischerweise die Nachfrage. Sie stellen mit Ihrer These im letzten Absatz Ihres Schreibens vom 19.12.2019 die Realität auf den Kopf.
Mit freundlichen Grüßen
Harald Baumann
Sprecher des Arbeitskreises Fuchstalbahn in der Umweltinitiative Pfaffenwinkel