Die Fuchstalbahn fährt von Schongau nach Landsberg
Eine Mitmach-Veranstaltung des Arbeitskreises Fuchstalbahn in der UIP e. V.
Im Rahmen des Klimafrühlings Oberland, an dem in diesem Jahr auch Gruppierungen erstmals aus Schongau teilnahmen, bewarb sich der Arbeitskreis Fuchstalbahn mit einer Veranstaltung.
Bei strahlend schönem Frühlingswetter kamen am 27. April 2024 viele Menschen in die Altstadt, um den Flohmarkt zu besuchen – und natürlich auch, um in den 20 Meter langen imaginären Fuchstalbahn-Triebwagen einzusteigen.
Es war schon echt beeindruckend, wie das große Zug-Transparent aus Stoff in der Stadtmitte vor dem Schongauer Rathaus stand! Das war ein absoluter Hingucker!
»Bitte einsteigen!«, diesem lauten Ruf von Irmgard Schreiber-Buhl folgten dann in einem Zukunfts-Szenario der bayerische Ministerpräsident, der auch den Wirtschafts- und Verkehrsminister und auch die Ministerin für Tourismus im Gefolge hatte. Diese hatten nun endlich den Artikel 3 der Bayerischen Verfassung nach gleichwertigen Lebensverhältnissen und Arbeitsbedingungen in ganz Bayern, in Stadt und Land umgesetzt.
Dieser fiktiven Fahrt mit dem Triebwagen stieg auch der Bundestagsabgeordnete Dobrindt zu, der die Fuchstalbahn als Substitutionsstrecke auf dem Weg nach Berlin wählte, weil die Kollegen im Verkehrsministerium jetzt endlich das lange vernachlässigte deutsche Bahnnetz umfassend sanieren lassen – dazu gehört u.a. auch die deswegen so oft gesperrte Werdenfelsbahn-Strecke.
In der nächsten Szene ließ Irmgard Schreiber-Buhl dann unzählige Pendler*innen in den imaginären Zug einsteigen, der sie von 5 Uhr morgens bis um 24 Uhr zu ihren Arbeitsstätten bringt. Sie haben erkannt, dass die reaktivierte Fuchstalbahn ihnen und ihren Familien ein zweites Auto erspart. Auch Schüler*innen und Student*innen freuten sich über die fußläufigen Park-and-Ride bzw. Bike-and-Ride-Möglichkeiten, die am Schongauer Bahnhof, am »Nicht-mehr-Krankenhaus« SOGesund, in Hohenfurch/Schwabniederhofen, in Kinsau, in Denklingen, in Asch/Leeder, in Unterdießen, in Landsberg Süd und am Landsberger Bahnhof geschaffen wurden. Damit wird die Gemeinde Kaufering entlastet, die ja schon Pläne für ein neues, teures Parkhaus hatte.
Tja, bis es wirklich so weit wäre, dass es heißen kann: »Grünes Licht auf der Fuchstalbahn!«, müssten jedoch noch einige große und sperrige politische Steine aus dem Weg geräumt werden.
Marco Kragulji, stellvertretender Landesvorsitzender des Fahrgastverbandes PRO BAHN Bayern, bestätigte schon zu Beginn seiner Rede, dass „wer im Pfaffenwinkel wohnt und die Bahn nutzen will, der ist es schon fast gewohnt, dass nichts funktioniert. Die Politik verspricht seit Jahren eine Verkehrswende.“
Ehrenamtliche Vereine von Nebenbahnen und PRO BAHN müssten immer wieder kämpfen, damit ein sinnvolles Streckennetz für die Verkehrswende entstehen kann.
Wer heute mit den Öffis von Schongau Richtung Augsburg, Kaufering oder ins Allgäu will, muss entweder mit dem Bus starten oder fährt lange mit der Eisenbahn.
Die Klimawende kann nur gelingen, wenn wir unsere Gewohnheiten ändern. Das darf aber nicht bedeuten, dass wir unnötige Hürden überwinden müssen.
Dann stellte er folgende Fragen:
- Nutzt man Ressourcen sinnvoll, wenn z. B. auf der Fuchstalbahn nur Güterzüge fahren und Personenzüge nicht?
- Ist es sinnvoll, wenn künftig Wasserstoffzüge auf der Strecke Augsburg-Geltendorf-Peißenberg 37 km unter der Oberleitung fahren sollen?
Kragulji gab auch gleich die Antwort: NEIN! Wenn der Strom sowieso über dem Zug hängt, sollte man ihn auch nutzen, anstatt den energieintensiven Wasserstoff zu verschwenden. Solche Technologien sollten dort eingesetzt werden, wo keine Oberleitung in der Nähe ist und auch nur dann, wenn genügend Strom für die Wasserstoffproduktion zur Verfügung steht.
Zum derzeit laufenden Reaktivierungsverfahren sagte Kragulji: „Das Verkehrsministerium sollte bei der Fuchstalbahn den gleichen Mut zeigen wie bei der Strecke Gotteszell-Viechtach oder beim Regionalzughalt Zusmarshauen. Hier will man die Verfahren abkürzen, weil es wichtigere Punkte als das 1000er-Kriterium gibt oder der Nutzen für die Bevölkerung offensichtlich ist.
Für den Streckenabschnitt Kaufering-Landsberg ist eine Elektrifizierung vorgesehen. Dann kann man auch die restlichen 28 km nach Schongau sinnvoll mit einem Akkuzug fahren. Wenn schon Innovation wichtig ist, dann sollte man hier eine Teststrecke für DEN bayerischen Akkuzug starten und die Menschen vor Ort durch kurze und attraktive Wege im ÖPNV profitieren lassen.
Vor allem wenn eine Strecke ohnehin schon vorhanden ist, und noch dazu in einem besseren Zustand als die Pfaffenwinkelbahn, sollte man hier nicht zögern und mutig sein. Denn nur mit Mut und Weitsicht können wir den Klimawandel abmildern.“
Arbeitskreissprecher Harald Baumann betonte in seinem Redebeitrag, dass die Menschen in der Region den Wunsch nach einer veränderten Verkehrspolitik haben. Sie wollen einen modernen zuverlässiger Zugverkehr und vor allem eine eigene Wahl bei den Verkehrsmitteln haben. Baumann berichtete, dass die Landkreise WM-SOG und LL/Lech die Bedingungen für eine Reaktivierung anerkannt haben. Das bayerische Verkehrsministerium prüft nun das Fahrgastpotenzial der Fuchstalbahn, ob die Strecke für eine Reaktivierung in Betracht kommt. Die Vorgehensweise der Prüfung ist bayernweit immer gleich. Das kritisierte Baumann, da auf die jeweiligen Besonderheiten der Strecken und ihrer Regionen nicht Rücksicht genommen wird. Der Arbeitskreis Fuchstalbahn wird auch weiterhin nicht müde werden, auf Sonderfaktoren wie z. B. bei der Prüfung des Fahrgastaufkommens auf die Wechselwirkungen der Fuchstalbahn mit den benachbarten Schienenstrecken hinzuweisen, damit möglichst alle Potenziale berücksichtigt werden und sich ein vollständiges Bild ergibt. Auch der künftige MVV-Anschluss muss in die Berechnungen unbedingt mit einfließen.
Denn dann könnte es bald soweit sein, dass es heißt: „Einmal einsteigen, einmal umsteigen, dann in Paris ankommen!“
Auch am Infostand herrschte reger Betrieb. Gerhard Kral, einer der UIP-Vorsitzenden, wurde nicht müde, immer wieder die Aktionspostkarten »Grünes Licht für die Fuchstalbahn!« mit der Adresse des Bayerischen Verkehrsministers oder Flyer über die Fuchstalbahn auszugeben.
Zum Abschluss der Mitmach-Veranstaltung sangen alle das Fuchstalbahn-Lied nach der Melodie »Auf der Schwäb’schen Eisenbahne« und dem Text von Susanne Becker aus Schongau.
Die letzte Strophe lautet:
„Packt es an das heiße Eisen,
Klima-Schutz am Lech soll’s heißen.
Leute, seid nicht taub und stumm!
Es ist ein Politikum.“
Nach der Aktion rollten einige Mitglieder das Riesen-Transparent ein und übergaben es an Aktive des Bund Naturschutz in Bayern. Denn auch an anderen Orten in Bayern sollen weitere innovative Verkehrsprojekte angestoßen und umgesetzt werden. So z.B. die Stadtumlandbahn, die künftig die Städte Nürnberg, Erlangen und Herzogenaurach und zusätzlich die Gemeinden östlich von Erlangen miteinander verbinden soll. Umweltfreundlich, barrierearm und modern.
Es gibt wahrlich noch viel zu tun, gemeinsam packen wir es an!
Irmgard Schreiber-Buhl
1 Kommentar
Wie wichtig eine durchgehende Elektrifizierung ist, zeigen die zunehmenden menschengemachten Klima- und Umweltkatastrophen. Der umweltzfreundliche Schienenverkehr braucht Redundanzstrecken, die für alle Zugantriebsarten befahrbar sind und damit die Versorgung der Bevölkerung mit Mobilität und Gütern sicherstellt. Daher ist es wichtig, solche Strecken für (umgeleitete Reise- und Güter-) Züge mit Elektroantrieb befahrbar zu machen: Also mit Oberleitung.
Das BEMU System ist ein neues Spielzeug für Parteien, die an der Verbrennungsmotornostalgie festhalten wollen und sich als technologieoffen darstellen. Zeitgleich jedoch den Schienenverkehr schwach sehen wollen, was der schlechte Zustand des Schiennetzes und der geringe Elektrifzierungsanteil (in Bayern) beweist.
Das BEMU System ist nicht wirtschaftlich, wenn es es sich um Hauptstrecken mit mindestens Stundentakt im Personenverkehr und gemischten Verkehr handelt (Güterverkehr). Vor allem zementiert die BEMU die politische Weigerung, die Eisenbahnhauptstrecken weitere 30 – 50 Jahre nicht elektrifizieren zu wollen (Argument gegen die Elektrifzierung: „.., die BEMU Fahrzeuge müssen erst abgeschrieben werden. Daher können wir jetzt nicht elektrifzieren. …“
Während man den Lkw Verkehr mit Oberleitungsbetrieb mit Mrd. € Subventioniert und zeitgleich auf Gesetze verzichtet, die man beim Schienenverkehr bei Elektrifzierungen anwendet.
Von den Kosten des ÖPNV sprechen diese autoaffinen Parteien gerne. Von den Kosten der durch den Autoverkehr verursacht wird, sprechen diese nicht. Die Zahlen dafür sind in den Bundes- und Landesverkehrsministerien vorhanden, die jedoch nie veröffentlicht werden, da diese Ministerposten immer mit selbigen autoaffinen Parteien besetzt sind. Daher kommt auch das einseitige Bild in der Öffentlichkeit: Beim ÖPNV wird jeder Cent nachgerechnet. Beim Straßenverkehr schweigt man über die Zahlen und tut gerade so, als gäbe es keine sozialisierten Kosten in mehreren Mrd. € Höhe.